Endspurt der Aktion „Deckel gegen Polio“

Neumünster (swn). Für die Aktion „Deckel gegen Polio“ sammeln viele Menschen in Neumünster und Umgebung Kunststoffdeckel von Getränkeflaschen und bringen diese in das SWN-Wertstoffzentrum. Die Aktion der Rotary Clubs in Deutschland setzt sich dafür ein, die unheilbare Krankheit Kinderlähmung, Poliomyelitis, weltweit auszurotten. Da das System mit dem Sammeln und Verkaufen in Zukunft nicht mehr funktionieren kann, wird die Aktion zum 30. Juni 2019 eingestellt. Grund dafür ist das Einfuhrverbot von Recyclingkunststoffen aus Europa in China, Malaysia, Vietnam und Indonesien: Dadurch wird der europäische Markt mit gebrauchten Kunststoffen überschwemmt. Es gibt keine ausreichende Nachfrage nach getrennt gesammelten Plastik mehr. Da die Deckel keinen Absatz finden, kann kein Geld für die Hilfsaktion generiert werden.

Seit Beginn der Aktion „Deckel gegen Polio“ im Jahr 2013 wurden in Deutschland insgesamt 1.105 Tonnen Kunststoffdeckel eingesammelt. Ihr Erlös floss in den Kauf von Impfstoff gegen die tückische Krankheit Kinderlähmung. So konnten in den vergangenen sechs Jahren zirka 3,3 Millionen Impfungen finanziert werden. Weltweit gibt es nur noch drei Länder, in denen Poliomyelitis, kurz Polio, noch auftritt: Afghanistan, Pakistan und Nigeria. Sicher hat auch die Deckel-Sammel-Aktion in den vergangenen Jahren dazu beigetragen, dass auch in diesen Ländern die Zahl der gemeldeten Krankheitsfälle deutlich zurückgeht. So wurden 2018 in Nigeria gar null, in Pakistan 10 und in Afghanistan noch 21 Polio-Erkrankungen gemeldet.

In Neumünster und Umland war bislang das Jugendrotkreuz Neumünster sehr aktiver Vorantreiber der Aktion. Die engagierten Jugendlichen des DRKs sammelten in den vergangenen Jahren mehrere Tausend Kilogramm der bunten Deckel. Sebastian Kunze, ehrenamtlicher Mitarbeiter beim Jugendrotkreuz Neumünster sagt: „Schade, dass es diese Aktion nicht mehr geben wird. Es war auf jeden Fall ein toller Erfolg.“ Am 25. Juni wird nun die letzte große Deckel-Lieferung ins Wertstoffzentrum im Wittorferfeld gebracht. „Am 22. Juni haben wir beim Getränkemarkt am Wasserturm in Neumünster noch einmal Deckel geschraubt, was das Zeug hält“, so Kunze.

Was haben die Deckel mit Polio zu tun?

Die Deckel von Einweg- oder Mehrweg-Getränkeflaschen bestehen aus Polypropylen (PP) oder hochverdichtetem Polyethylen (HDPE). Werden sie sortenrein gesammelt, dann können die Deckel derzeit noch verkauft werden können. Ungefähr 500 Deckel brauchte man bislang um eine Impfung bezahlen zu können, schreibt der Rotary Club Deutschland auf der Internetseite seines gemeinnützigen Vereins „Deckel drauf e.V.“. Rotary spendete den Erlös der Deckelsammlung an Projekte zur Ausrottung von Polio in Nigeria, Pakistan und Afghanistan. Seit Ende 2017 sind die Erlöse jedoch deutlich zurückgegangen. Wären die Deckel nicht kostenlos von dem Dualen System „Grüner Punkt“ und von einem privatwirtschaftlichen Logistik-Unternehmen transportiert worden, so hätte die Aktion schon damals eingestellt werden müssen. Besonders Kunststoffabfälle aus dem Bereich der Privathaushalte sind derzeit wenig gefragt und überschwemmen den Markt. „Vieles davon landet nun in der Abfallverbrennung.
Es ist schade, dass recycelter Kunststoff nicht viel stärker eingesetzt wird. Es ist immer noch einfacher und günstiger neuen Kunststoff herzustellen“, berichtet Norbert Bruhn-Lobin Geschäftsführer der SWN Entsorgung GmbH.

Endspurt bis zum 30. Juni

Bis zum Ende der Aktion Ende Juni wird noch einmal kräftig gesammelt. Im SWN-Wertstoffzentrum Neumünster stehen für die gesammelten Deckel eine 240-Liter-Mülltonne und die Riesen-Säcke, sogenannte Big Bags zur Verfügung. Sechs Kubikmeter Deckel warten bereits auf den Abtransport per LKW zur Firma Remondis GmbH & Co KG nach Melsdorf bei Kiel. Remondis ist ein weltweit tätiges Unternehmen im Bereich der Abfall- und Recyclingwirtschaft. Die Deckel gehen von Melsdorf zur „Remondis PET-Recycling GmbH“ nach Lüneburg in Niedersachsen. Die Recyclinganlage wäscht und sortiert die Deckel, bevor sie geschreddert werden. Das geschredderte Material wird als Rezyklat bezeichnet. Es wird zusammen mit frischer Kunststoff-Rohmasse für die Herstellung von neuen Kunststoffprodukten genutzt. Das können Deckel und Verpackungen, Gartenbänke aber auch Teile für den Bau von Fahrzeugen sein.